Heidjers Stadtwerke: Stresstest bringt Digitalisierung voran
Heidjers Stadtwerke erweitern Sicherheitsmanagement – großer Schritt in Zukunftsfähigkeit – Belegschaft genießt Vertrauen und steht hinter dem Kurs
„Nichts ist mehr, wie es war. Und doch funktioniert alles“: Mit diesen Worten fasst Lars Weber, Geschäftsführer der Heidjers Stadtwerke, zusammen, was sich in den vergangenen Wochen verändert hat: Denn das Infektionsgeschehen in Deutschland hat auch vor dem kommunalen Ver- und Entsorgungsunternehmen nicht haltgemacht. Auf den ersten Blick wirkt das sonst so offene und einladende Unternehmen mit 86 Mitarbeitenden heute abgeschottet. Ein provisorischer Zaun umschließt das Gelände. Das Publikum - Kundschaft inklusive - bleibt im Moment draußen. Rein dürfen nur Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter kontaktlos versteht sich; das Tor im Zaun öffnet sich über einen digitalen Code in einem Chip. Dennoch muss niemand auf Kundenservice oder sonstige Leistungen des Unternehmens verzichten. Diese erbringen Heidjers Stadtwerke jetzt ortsunabhängig überwiegend telefonisch und online über erweiterte Webfunktionen wie Internet-Telefonie oder Video-Konferenzen. Auch intern wird aktuell nur noch über ein neu installiertes Internet-Video-Tool kommuniziert, selbst von Büro zu Büro. „Abstand ist angesagt“, meint Lars Weber. Die hohe Leistungsfähigkeit im aktuellen Ausnahmezustand verdankt das Unternehmen seinem in jüngster Zeit deutlich gesteigerten Digitalisierungsgrad.
Digitalisierung hilft enorm
Die räumlich gebotene Distanz im Verwaltungsgebäude realisieren Heidjers Stadtwerke, indem jeweils rund die Hälfte der sonst üblichen Belegschaft jetzt von zuhause aus arbeitet, die andere in den vorhandenen Büros großzügig verteilt und das im täglichen Wechsel. Dafür wurden weitere 30 Laptops angeschafft, die mit Zugängen zum Firmennetzwerk ausgestattet sind und unabhängig von den Bürorechnern funktionieren. „Unser bereits vorangeschrittener Digitalisierungsgrad hilft jetzt enorm, Service und Versorgungssicherheit aufrechtzuerhalten“, informiert Lars Weber, „zudem hat der Ausnahmezustand die Digitalisierung weiter beschleunigt.“ Gut sichtbar wird das auch bei der neuen Arbeitsweise der Monteure: Es gibt mehrere feste Zweierteams, die jeweils mehrere Sparten beherrschen und in Schichten arbeiten. Jedem Trupp ist ein Auto zugeteilt; das wird abends mit nach Hause genommen. Die Dokumentation des Tagwerks erfolgt vor Feierabend vom Betriebshof per Tablet über das firmeneigene WLAN. Kein Monteur betritt mehr das Verwaltungsgebäude, um sich abzustimmen.
Der Zugang zu sicherheitsrelevanten Einrichtungen wie Netzleitstelle, Wasserwerk und Kläranlagen erfolgt über streng gesicherte Schleusen. Für den Fall einer Isolation sind vor Ort Notquartiere mit Feldbetten und provisorischen Küchen eingerichtet. Die Kernteams sind ebenfalls redundant aufgestellt. „Unsere Aufgabe ist es, die Menschen hier mit dem existenziell Notwendigen wie Wasser, Strom und Telekommunikation zu versorgen. Diese besondere Verantwortung erfordert Krisenprävention“, betont Lars Weber. Wer nicht vorbereitet sei, den erwische es kalt und mit ungewissem Ausgang.
Stresstest für Sicherheitsmanagement
„Diese Ausnahmesituation – so schwierig und befremdlich sie auch ist – hat unseren internen Entwicklungsprozess forciert“, betont der Geschäftsführer. „Als die Beschränkung sozialer Kontakte angeordnet wurde, war das Unternehmen technisch so weit, dass wir schnell auf virtuelle und verteilte Arbeitswelten umstellen konnten“, erklärt er. Vor sechs Monaten wäre das noch nicht möglich gewesen. Das Unternehmen setzt beim Internet auf ein unabhängiges System und verfügt über doppelte IT-Strukturen in eigenen Rechenzentren vor Ort. So kommen die Mitarbeitenden immer an alle relevanten Daten ran. „Die Pandemie-Szenarien stellten einen Stresstest für unser Sicherheitsmanagement dar“, beschreibt Lars Weber die Herausforderung, „wir haben es – wo erforderlich – nachjustiert sowie erweitert und erproben es jetzt in echt. Daraus ziehen wir Schlüsse für den Notfall wie für den Normalbetrieb.“ Die Effizienz des Gesamtunternehmens profitiere von den Erkenntnissen der Corona-Pandemie. Durch die Digitalisierung sind viele Prozesse bei Heidjers Stadtwerken automatisiert worden; das spart Ressourcen und entlastet Mitarbeiter von Bürokratie. „Wir können einen Großteil unserer Aufgaben inzwischen ortsunabhängig und noch schneller erledigen. Das schafft den Freiraum für die persönlichen Kontakte, die beispielsweise bei komplexeren Aufgaben wirklich erforderlich sind“, fasst Lars Weber das Ergebnis zusammen.
Ausnahmesituation kreativ nutzen
Lars Weber setzt das Reinigungspersonal des derzeit geschlossenen Heidjers Wohl (Erlebnisbad und Saunalandschaft) vorübergehend im Verwaltungsgebäude ein. „Wir haben dort die Hygienemaßnahmen erhöht. Die Büroräume werden zweimal täglich geputzt und Flächen desinfiziert“, erörtert er. Das hat zwei Vorteile: Die Leute sind sinnvoll beschäftigt, der Umfang der Kurzarbeit wird minimiert. Die übrige Belegschaft des von Heidjers Stadtwerken betriebenen Heidjers Wohl hat die jährliche Grundreinigung vorgezogen, führt kleinere Renovierungen durch und dekoriert das Bad neu. „Wenn wir die Türen wieder öffnen dürfen, freuen sich unsere Gäste auf die Verbesserungen“, meint Lars Weber. Das Bad ist bisher die einzige Sparte mit Kurzarbeit bei Heidjers Stadtwerken, turnusmäßige Arbeiten wie Zählerwechsel sind im Moment ausgesetzt. Bei anderen Arbeiten wie beispielsweise Hausanschlüssen hat das Unternehmen den Arbeitsprozess umgestellt und verschlankt: „Wo bisher mehrere Trupps hintereinander oder parallel tätig waren, reicht jetzt ein Team. Auch das dient der Sicherheit des Personals vor Infektion.“
Vertrauen stärkt Motivation
Die Veränderung der Arbeitswelten hat nicht zuletzt Auswirkungen auf das Miteinander eines Betriebs. Heidjers Stadtwerke setzen auf Vertrauensarbeitszeit im Homeoffice. „Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter können sich ihre Arbeit freier einteilen, solange die Erreichbarkeit und Termintreue gewährleistet ist“, sagt Lars Weber, „ich vertraue meinen Leuten.“ Mächtig stolz ist er, dass die Belegschaft so mitgezogen hat, auch diejenigen, die manche Präventionsmaßnahme zunächst für überzogen gehalten haben. „Die Arbeitsweise hat sich in kürzester Zeit massiv verändert – und die Leute machen unter den neuen Bedingungen trotzdem ganz selbstverständlich ihren Job“, lobt er. Beigetragen hat dazu nicht zuletzt eine offene und kontinuierliche interne Kommunikation. „Jetzt müssen wir planen, wie wir vernünftig mit den Lockerungen umgehen“, meint Lars Weber, „es wird noch lange keine Rückkehr zur ‚alten‘ Normalität geben.“ Was er sich wünscht ist, die positiven Entwicklungen unter der Krisensituation in die „neue“ Normalität mitzunehmen.