Wirtschaft im Norden im Stimmungstief

Unter dem Kostendruck infolge des Ukraine-Kriegs rauscht die Stimmung der Wirtschaft im Norden in den Keller. Das geht aus einer am Donnerstag veröffentlichten Konjunkturumfrage der IHK Schleswig-Holstein hervor. Demnach fiel der Konjunkturklima-Index im dritten Quartal von 84,7 auf 67,1 Punkte. Dies liege vor allem an pessimistischen Aussichten. Nur zur Hochzeit der Corona-Krise 2020 war die Stimmung schlechter. Maximal möglich sind 200 Punkte. Der langjährige Durchschnittswert im Land beträgt 109,7 Punkte.

Als größten Risikofaktor für die Unternehmen nennt die IHK die Energie- und Rohstoffpreise. Sorgen bereitet zudem die sinkende Nachfrage im In- und Ausland. Die kritische Lage mache sich bereits bei den Beschäftigungs- und etwas stärker bei Investitionsplänen bemerkbar. Knapp 37 Prozent der Unternehmen wollen ihre Investitionen zurückfahren - nach 24 Prozent im Vorquartal.

Von der angespannten Lage seien alle Branchen betroffen, erklärte IHK-Vizepräsident Knud Hansen. «Hier schlagen sich das schlechte Konsumklima und die anhaltend hohe Inflation deutlich in der Lagebewertung und den Zukunftsaussichten nieder.» Die Lage für die Unternehmen sei kritisch. 80 Prozent sehen der Umfrage zufolge in den Energiepreisen ein großes Risiko. An der Umfrage beteiligten sich 729 von 2500 angeschriebenen Unternehmen.

Besonders betroffen ist der Einzelhandel. Hier hinterlässt laut IHK das schlechte Konsumklima deutliche Spuren in der Lagebewertung und bei Zukunftsaussichten. 76 Prozent der Händler seien besorgt über die nachlassende Inlandsnachfrage, sagte Hansen. Eine neue schwierige Situation treffe hier auf in der Corona-Krise angeschlagene Unternehmen. Im Lebensmittelhandel gebe es angesichts der hohen Strompreise Erwägungen, Tiefkühlware aus dem Sortiment zu nehmen. Hotels dächten darüber nach, eine vorzeitige Winterpause einzulegen.

Knapp 28 Prozent der Unternehmen aller Branchen bewerten ihre Situation noch als gut - nach fast 36 Prozent im Vorquartal. Statt 14 Prozent stufen nun 26 Prozent die Lage als schlecht ein. Noch 5,5 Prozent blicken positiv in die Zukunft. 61,1 Prozent erwarten eine Verschlechterung. «Die Gefahr von Insolvenzen ist längst nicht gebannt», sagte Hansen. «Wie groß die Welle wird, vermag ich im Moment nicht zu sagen.»

Viele Unternehmen hätten Rücklagen weitgehend aufgebraucht, sagte der Hauptgeschäftsführer der IHK Kiel, Jörg Orlemann. Industrie- und Baubetriebe hätten noch gut gefüllte Auftragsbücher, aber bei neuen Aufträgen gebe es starke Rückgänge. In Kapazitätserweiterungen werde fast gar nicht mehr investiert. Das betreffe leider auch Investitionen in Innovationen und Umweltschutz. Belastend wirkt auch der Mangel an Arbeitskräften, besonders bei Fachleuten. 68 Prozent der Betriebe gaben an, offene Stellen nicht besetzen zu können.

Von der Politik in Bund und Ländern erwartet die IHK, Genehmigungs- und Planungsverfahren zu verkürzen und insgesamt Bürokratie abzubauen. Es gebe in Deutschland immer noch einen unverständlichen Regelungswahn, sagte Hansen. Der Bund müsse Energiepreise so deckeln, dass die Binnennachfrage nicht einbreche. Bei der Energieerzeugung müssten alle verfügbaren Ressourcen zurückgeholt werden. Die IHK verlangt auch eine Senkung der Stromsteuer auf EU-Mindestmaß. Der schwarz-grünen Landesregierung stellte Hansen eine gute Note aus. Sie sei die erste gewesen, die einen Schutzschirm für Energieunternehmen aufgespannt habe.

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