Wirtschaft dringt auf Regierungsbildung in Niedersachsen
Wirtschaft und Gewerkschaften fordern wegen des hohen Krisendrucks eine möglichst rasche Regierungsbildung nach dem Wahlsieg der SPD in Niedersachsen. «Die Problem- und Fragestellungen, auf die es schnelle und vernünftige Antworten braucht, sind immens», betonte IG-Metall-Bezirksleiter Thorsten Gröger am Montag. Nötig seien im Kampf gegen die Energiepreis-Inflation nachhaltige Entlastungen - sowohl in Form eines «Airbags» für kleine und mittlere Einkommen als auch eines Rettungsschirm für den Mittelstand. Der Hauptgeschäftsführer des Arbeitgeberverbands Niedersachsenmetall, Volker Schmidt, ergänzte, die neue Regierung müsse den Erwartungen der Wählerinnen und Wähler nachkommen, Stabilität herzustellen.
Sozialdemokraten und Grüne haben nach der Wahlergebnis vom Sonntag die Möglichkeit, eine rot-grüne Koalition zu bilden. Aus Sicht Grögers zeigt der gleichzeitig große Stimmenzuwachs der AfD die Verunsicherung vieler Menschen durch den Krieg in der Ukraine und die steigenden Energiekosten. «Eine Schwarzmalerei, die die AfD mit ihrem Narrativ bedient», liefere darauf jedoch keine Antworten, sagte er.
Das künftige Kabinett müsse den industriellen Umbau in Richtung mehr Klimaschutz bei Wahrung der Beschäftigten-Interessen voranbringen. Zudem solle sich die Politik für einen Ausbau der Mitbestimmung stark machen. Schmidt sprach im Hinblick auf CO2-Minderung, Elektrifizierung und Digitalisierung von der «größten wirtschafts- und gesellschaftspolitischen Herausforderung» in der Geschichte Niedersachsens. «Es kommt jetzt mehr denn je auf eine starke Führung an. Wir erwarten, dass der Ausgang der Koalitionsgespräche und die personelle Besetzung des Kabinetts diesem Anspruch Rechnung tragen.»
Der Präsident des Verbandes Nordmetall, Folkmar Ukena, forderte eine Initiative gegen den Fachkräfte- und Azubimangel, «um mit Standortwerbung und konkreten Anreizen mehr Menschen in die niedersächsischen Betriebe zu bringen». In den Schulen müsse es frühzeitig mehr Berufsorientierung geben. «Um die Energieversorgung in Niedersachsen zu bezahlbaren Preisen sicherzustellen, dürfen keine Kraftwerke abgeschaltet werden, auch nicht das Kernkraftwerk Lingen», so Ukena. Überdies solle eine neue Bewertung von Fracking-Technologien zur Gasförderung kein Tabu sein.
Aus der Industrie- und Handelskammer in Hannover hieß es, wegen der Energiekrise sei «akut Tempo im politischen Betrieb gefordert»: «Vielen Unternehmen steht das Wasser schon bis zum Hals, und langwierige Koalitionsverhandlungen können wir uns nicht leisten.»