Vattenfall
Hinter einem Vattenfall-Logo ist ein Abgasturm zu sehen.

Vattenfall: Nehmen Berlins Interesse «zur Kenntnis»

Nach dem bekundeten Kaufinteresse des Landes Berlin am Fernwärmegeschäft des Energiekonzerns Vattenfall in der Stadt und an dessen Anteilen am Gasversorger Gasag hält sich das Unternehmen alle Optionen offen. Vattenfall habe das Interesse zur Kenntnis genommen, teilte der schwedische Konzern am Donnerstag mit. «Wir setzen unsere strategische Neubewertung des Berliner Wärmegeschäfts strukturiert fort und bereiten die Marktansprache vor.» Bis dahin werde mit niemandem über eine Transaktion verhandelt. Auch würden keine Informationen über das eigene Geschäft weitergegeben.

Vattenfall will sich erklärtermaßen von fossilen Energieträgern verabschieden. Im Mai hatte das Unternehmen mitgeteilt, dass sein Wärmegeschäft in Berlin in dem Zusammenhang auf dem Prüfstand steht. Eine Option sei ein Verkauf.

Der Senat hatte am Mittwochabend sein Interesse an der Sparte verkündet und will auch gleich die Vattenfall-Anteile am Berliner Gasversorger Gasag übernehmen. Die Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) und weitere Senatsmitglieder verdeutlichten demnach in einem Gespräch mit der Vattenfall-Vorstandsvorsitzenden Anna Borg das Ziel des Landes, das «Fernwärme- und das Gasnetz für eine effektive Wärmewende zusammen zu denken».

Das Land wolle mehr Einfluss auf die Versorgungssicherheit und die Zukunft der Energie- und Wärmeversorgung in Berlin nehmen, sagte Giffey. Berlin werde nur klimaneutral, wenn auch die Wärmeversorgung modernisiert werde. «Mit seinen 1,3 Millionen Fernwärmehaushalten ist dieser Hebel für die Energiewende in Berlin von sehr großer Bedeutung.»

Das Land sei auch im Gespräch mit den weiteren Gasag-Anteilseignern Eon und Engie und habe bereits Eckpunkte einer gemeinsamen Zusammenarbeit definiert, hieß es. Berlin strebe eine Mehrheitsbeteiligung an der Gasag an.

Finanzsenator Daniel Wesener (Grüne) sagte: «Eine schnelle und erfolgreiche Wärmewende ist erforderlich, damit Berlin gut durch diese Energiekrise kommt und seine Klimaschutzziele erreicht. Dafür müssen wir die vorhandenen Infrastrukturen, Energieträger und Akteure noch viel stärker zusammenbinden.»

Nach Einschätzung von Wirtschaftssenator Stephan Schwarz (parteilos) sind die Fernwärme und Gasnetz wesentliche Bausteine auch des künftigen Berliner Energiesystems. «Das Land will mehr unmittelbare Verantwortung und Gestaltungsmöglichkeit für den Weg zur zukunftsfähigen Energieversorgung übernehmen.» Beide Politiker nahmen an dem Gespräch mit Borg teil.

Über mögliche Kosten des angestrebten Deals lagen keine Angaben vor. Die Linken-Parteispitze wies darauf hin, dass der Umbau der Wärmenetze auf erneuerbare Energie mit erheblichen Investitionen verbunden sei. «Diese sind im Kaufpreis zu berücksichtigen», hieß es in einer Erklärung der Landesvorsitzenden Katina Schubert, der beiden Fraktionsvorsitzenden Anne Helm und Carsten Schatz sowie des Vize-Regierungschefs und Kultursenators Klaus Lederer.

In Berlin setzt der rot-grün-rote Senat schon länger darauf, Privatisierungen der vergangenen Jahrzehnte bei der Infrastruktur rückgängig zu machen. 2021 übernahm Berlin das Stromnetz von Vattenfall. Die Wasserbetriebe sind bereits seit 2013 wieder vollständig in Landeshand.

Umweltorganisationen befürworten die Pläne der Landesregierung und begrüßten das nun bekannt gewordene Kaufinteresse. Vattenfall und die Gasag hätten im Wärmesektor «jahrelang fast ausschließlich in fossile Energien investiert», teilte etwa Markus Daschner von Greenpeace Berlin am Donnerstag mit. «Wir fordern, die Berliner Fernwärme rasch auf erneuerbare Wärmequellen wie Geothermie, Flusswärme, Solarthermie plus Wärmespeichern umzustellen. Daher begrüßen wir, wenn das Land Berlin mehr Mitspracherecht sowie Gestaltungsmöglichkeiten im Wärmesektor wahrnehmen wird.»

An das Vattenfall-Wärmenetz in Berlin sind mehrere große Kraftwerke angeschlossen, die vor allem Gas und Steinkohle verfeuern, zum Teil aber auch Biomasse einsetzen. Vattenfall beliefert in Berlin 1,3 Millionen Wohnungen mit Warmwasser und Wärme.

Das Fernwärmesystem in der Hauptstadt ist eines der größten in Westeuropa. Heißes Wasser wird dabei über mehr als 1700 Kilometer lange Rohrleitungen zum Heizen in die Haushalte transportiert. Vor einigen Jahren hatte das Land Berlin versucht, das Netz von Vattenfall zu übernehmen. Der Versuch scheiterte vor Gericht.

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