Thyssenkrupp Hochofen
Wasserdampfwolken umgeben zwei Hochöfen bei Thyssenkrupp. Der Konzern will in Duisburg eine neue Anlage bauen, die kohlendioxidarmen Stahl produzieren kann.

Thyssenkrupp will «grünen» Stahl herstellen

Auf dem Weg zur Klimaneutralität will Deutschlands größter Stahlhersteller Thyssenkrupp seine neue wasserstofffähige Großanlage zur Eisenherstellung Ende 2026 in Betrieb nehmen. Zunächst soll die sogenannte Direktreduktionsanlage (DR-Anlage) mit Erdgas betrieben werden, ab Ende 2027 dann auch mit zunehmend mehr Wasserstoff, wie Thyssenkrupp Steel-Chef Bernhard Osburg am Mittwoch in Duisburg sagte.

Das gesamte Projekt soll mehr als zwei Milliarden Euro kosten. Es handele sich um die größte derartige Anlage in Deutschland, hieß es. Herzstück ist die DR-Anlage mit zwei sogenannten Einschmelzern. Den Auftrag dafür hat Thyssenkrupp jüngst an den in Nordrhein-Westfalen ansässigen Anlagenbauer SMS Group vergeben. Das Auftragsvolumen für SMS liegt bei über 1,8 Milliarden Euro. Es ist der größte Einzelauftrag für SMS in der über 150-jährigen Unternehmensgeschichte.

In der Anlage kann klimaneutral hergestellter Wasserstoff die in klassischen Hochöfen verwendeten Kohle und Koks ersetzen, um dem Eisenerz Sauerstoff zu entziehen. Anders als Hochöfen produzieren DR-Anlagen kein flüssiges Roheisen, sondern festen Eisenschwamm. Damit dieser zu Stahl weiterverarbeitet werden kann, muss er erst eingeschmolzen werden.

Klimaneutrale Stahlproduktion bis 2045

Die Auftragsvergabe markiere für Thyssenkrupp eine entscheidende technologische Wende in seiner mehr als 200-jährigen Geschichte, betonte das Unternehmen. Nun beginne der Ersatz der CO2-intensiven Stahlproduktion durch klimafreundliche Technologien. Die Anlage soll dem Unternehmen helfen, eine «führende Wettbewerbsposition auf entstehenden Märkten für grünen Stahl» zu erreichen. Spätestens 2045 soll die Stahlproduktion von Thyssenkrupp komplett klimaneutral sein.

Bei der klassischen Stahlherstellung in kohlebasierten Hochöfen entstehen sehr große Mengen des Treibhausgases Kohlendioxid. Thyssenkrupp Steel ist für rund 2,5 Prozent des bundesweiten CO2-Ausstoßes verantwortlich, die deutsche Stahlindustrie für insgesamt rund sieben Prozent. Mit der neuen Anlage können laut Unternehmen jährlich über 3,5 Millionen Tonnen Kohlendioxid eingespart werden.

Bund und Land wollen den Bau fördern, allein das Land Nordrhein-Westfalen will bis zu 700 Millionen Euro geben. Die beihilferechtliche Genehmigung durch die EU wird in den nächsten Monaten erwartet. Laut NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) ist es die «größte Einzelförderung, die es in der Geschichte des Landes je gegeben hat». Es gehe bei dem Projekt darum, eine komplette Wertschöpfungskette zukunftsfähig zu machen. «Gemeinsam wollen wir dafür sorgen, dass Stahl ein Werkstoff der Zukunft bleibt.»

Neubaur sieht klares Zeichen

Mit der Auftragsvergabe für den Bau der Anlage werde das klare Zeichen gesendet, dass der Wasserstoff-Markthochlauf Fahrt aufnehme, betonte NRW-Wirtschaftsministerin Mona Neubaur (Grüne). «Der Bedarf in der Industrie konkretisiert sich hiermit, nun brauchen wir Investitionsentscheidungen für mehr erneuerbare Energien und mehr grünen Wasserstoff.» Thyssenkrupp-Chefin Martina Merz sprach von einem «großen, wichtigen Schritt für die grüne Transformation von Thyssenkrupp und der Industrie».

Auch andere Stahlhersteller wie etwa Salzgitter und Arcelormittal wollen Direktreduktionsanlagen in Deutschland bauen. Die DR-Technik ist weltweit noch nicht sehr verbreitet. Unter anderem in den USA läuft eine Anlage mit einer Jahreskapazität von 2 Millionen Tonnen. Die Anlage in Duisburg soll jährlich 2,5 Millionen Tonnen CO2-armen Stahl herstellen können. Beachtung findet derzeit auch ein Projekt in Nordschweden, wo ein neues Stahlwerk mit dieser Technologie gebaut werden soll. Die SMS Group soll auch dort die Technik liefern.

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