Tennet will mit Bund über Stromnetz-Verkauf verhandeln
Der niederländische Betreiber Tennet will mit der Bundesregierung über den Verkauf seines deutschen Stromnetzes an den Staat verhandeln. Grund ist der hohe Eigenkapitalbedarf für die Energiewende, den Tennet am Freitag allein für den Ausbau seines deutschen Netzes auf 15 Milliarden Euro bezifferte. Die Bundesregierung begrüßt den Vorstoß Tennets, «einen vollständigen Verkauf ausloten zu wollen», wie eine Sprecherin des Bundeswirtschaftsministeriums sagte.
Eigentümer der Tennet-Muttergesellschaft ist der niederländische Staat. In Deutschland ist das Unternehmen einer der vier Übertragungsnetzbetreiber. In beiden Ländern zusammen betreibt Tennet nach Firmenangaben 24.500 Kilometer Hoch- und Höchstspannungsleitungen. Das deutsche Tennet-Gebiet ist das flächenmäßig größte der vier Betreiber und reicht in einem Nord-Süd-Korridor von der Nordsee bis zur österreichischen Grenze. Sitz der deutschen Tochter ist Bayreuth.
Sowohl die niederländische als auch die deutsche Regierung haben umfangreiche und teure Ausbaupläne für die jeweiligen Stromnetze. In Deutschland sei vor allem das Tennet-Netzgebiet von den Ausbauplänen betroffen, sagte die Ministeriumssprecherin. Das würde die Finanzkraft des Unternehmens jedoch übersteigen, wie aus der Tennet-Mitteilung hervorgeht. Bereits 2020 hatte die niederländische Regierung öffentlich gemacht, dass sie zur Deckung des Geldbedarfs eine Beteiligung des Bunds bevorzugen würde.
«Konstruktive Gespräche»
Beide Regierungen sprechen seit Oktober über eine mögliche deutsche Beteiligung an Tennet Deutschland, wie die Ministeriumssprecherin mitteilte. «Die Gespräche sind konstruktiv.»
Tennet zufolge hat die niederländische Regierung kein Interesse, die Investitionen in Deutschland mitzufinanzieren. «Der Eigenkapitalbedarf von Tennet für dieses Jahrzehnt steigt», hieß es in der Mitteilung. «Es ist deutlich geworden, dass die niederländische Regierung es präferiert, die niederländischen Aktivitäten von Tennet zu finanzieren, derzeit schätzungsweise zehn Milliarden Euro.»
«Noch keine endgültige Entscheidung»
Beschlossen ist ein Verkauf an den Bund dem Unternehmen zufolge nicht: «Tennet ist bewusst, dass sein einziger Anteilseigner, die niederländische Regierung, noch keine endgültige Entscheidung getroffen hat und wird die nächsten Schritte in enger Zusammenarbeit mit der Regierung unternehmen.»
Der FDP-Energieexperte Michael Kruse sagte der Deutschen Presse-Agentur, eine mögliche Übernahme der deutschen Tennet-Tochter dürfe nur ein Zwischenschritt sein. «Die Bundesregierung müsste in diesem Fall an einer Vergabe an Private arbeiten. Sollten sich in Deutschland keine privaten Investoren mehr für Energienetze finden, dann wäre das ein Alarmsignal, dass etwas mit der Ausgestaltung der Energiewende schief läuft. Staatsmonopole sind nicht in der Lage, die hier nötigen Innovationen zu erbringen.»