Windkraftanlage
Windräder drehen sich vor blauem Himmel.

SPD will 10H-Regel mit Volksbegehren komplett abschaffen

Beim Ausbau der Windkraft in Bayern will die SPD per Volksbegehren die umstrittene 10H-Regel endgültig zu Fall bringen. «Wir brauchen in Bayern mehrere Tausend zusätzliche Windräder. Nur so können wir die Strompreise senken und Arbeitsplätze sichern. Und nur so erreichen wir unsere Klimaziele. Die jüngste Flickschusterei der schwarz-orangen Koalition reicht nicht aus», sagte SPD-Landeschef Florian von Brunn am Freitag in München. Für ein Volksbegehren zur Abschaffung der 10H-Regel will die SPD in den nächsten Wochen zunächst mögliche Bündnispartner ansprechen. Zunächst hatte der Bayerische Rundfunk über das Thema berichtet.

Die vom ehemaligen Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) 2014 eingeführte 10H-Regel schrieb vor, dass der Abstand von Windrädern zur nächsten Wohnsiedlung in der Regel mindestens das Zehnfache ihrer Bauhöhe betragen soll. Die Vorschrift hatte den Ausbau der Windenergie in Bayern in den vergangenen Jahren praktisch zum Erliegen gebracht - während 2013 noch 400 Genehmigungsanträge gestellt wurden, waren es 2020 lediglich noch drei.

Für von Brunn ist eine vollständige Abschaffung der 10H-Regel unbedingt notwendig. Die von der Staatsregierung um Ministerpräsident Markus Söder (CSU) kürzlich beschlossene Lockerung in Form einiger Ausnahmen reiche nicht aus, der Zubau an Windkraftanlagen werde weiter ausgebremst, da das Windausbau-Gesetz des Bundes erst in einigen Jahren richtig greife.

Grünen-Landtagsfraktionschef Ludwig Hartmann teilte die Kritik an 10H, betonte aber: «Der Termin für die "Volksabstimmung" zur Energiezukunft Bayerns steht bereits fest. Die Landtagswahl am 8. Oktober 2023 ist der schnellste Weg zur echten Energiewende in Bayern.» Ob er das Volksbegehren unterstützt, ließ Hartmann offen.

Seit Mitte November können in Bayern in Vorranggebieten Windkraftanlagen mit einem einheitlichen Mindestabstand von 1000 Metern zu Wohngebieten gebaut werden. Zudem gilt die Abstandsregel künftig nicht mehr entlang von Autobahnen oder Eisenbahnstrecken, in Gewerbegebieten oder im Wald.

«So viel Zeit haben wir aber für nicht», sagte von Brunn. «Söders Auflagen sind ein reines Bürokratiemonster. Damit erreichen wir die Windkraftziele im Freistaat nicht. Deswegen ist das Volksbegehren so wichtig.» Man müsse nur alle Sondervorschriften aus der Bauordnung streichen. «Dann könnten Windräder wieder nach den in fast ganz Deutschland geltenden Grundsätzen ohne Blockade genehmigt werden.»

Die Staatsregierung wies die Kritik an der 10H-Novelle erneut zurück: «Seit Inkrafttreten der Änderung der Bayerischen Bauordnung sehen wir einen sprunghaften Anstieg der Planungsaktivitäten», sagte Bauminister Christian Bernreiter (CSU). Die Novelle bringe den Ausbau voran und sorge für einen «verträglichen Ausgleich zwischen dem Ausbau der erneuerbaren Energien und dem Schutz von Natur und Landschaft». Die SPD habe das gezielte Vorgehen offensichtlich nicht verstanden und spalte mit der wahlkampftaktischen Aktion das Land.

Auch von der AfD kam umgehend Kritik: «Es ist purer Populismus und darüber hinaus auch noch beschämend, nun die Bürger für die gescheiterte und realitätsfremde Energiepolitik mit in die Verantwortung zu nehmen», sagte Landtagsfraktionsvize Gerd Mannes.

Für ein Volksbegehren zur Abschaffung der 10H-Regel will die SPD in den nächsten Wochen zunächst mögliche Bündnispartner ansprechen. «Wir würden uns freuen, wenn viele andere demokratische Parteien und Verbände das Anliegen unterstützen», sagte von Brunn. Denkbar sei für ihn ein Beginn der Unterschriftensammlungen ab März oder April - die konkreten Abläufe seien aber noch offen.

Unklar ist somit auch, ob das Volksbegehren überhaupt noch in dieser Legislaturperiode, also vor der Landtagswahl Anfang Oktober, zu einem Abschluss gebracht werden kann. Im ersten Schritt müssten die Initiatoren zunächst mindestens 25.000 Unterschriften sammeln, damit das Volksbegehren überhaupt offiziell zugelassen werden kann. In der Folge kommt dann die größte Hürde - mindestens zehn Prozent aller Stimmberechtigten, rund 950.000 Bürger, müssen innerhalb von 14 Tagen in den Rathäusern ihre Unterschriften abgeben.

Danach muss die Staatsregierung eine Stellungnahme abgeben und der Landtag entscheiden, ob er dem Volksbegehren zustimmt oder nicht. Sollte dies nicht der Fall sein, käme es zu einem Volksentscheid, bei dem dann die Bürger das Volksbegehren als Gesetz verankern.

Von Brunn sagte, ohne einen deutlichen Zubau an Windkraft drohten Bayern auch höhere Strompreise. Die Europäische Union prüfe deswegen höhere Strompreise für Süddeutschland, da hier auch der Bau der großen Stromleitungen hinterherhinke. «Das führt zu Problemen und Knappheiten bei der Stromversorgung in Bayern. Im Moment läuft schon ein Beratungsverfahren über die Bildung von Strompreiszonen in Deutschland. Das wollen wir auf keinen Fall.»

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