Ministerin Neubaur will in Lützerath-Konflikt deeskalieren
Nordrhein-Westfalens Wirtschafts- und Klimaschutzministerin Mona Neubaur (Grüne) will im Konflikt um das von Aktivisten besetzte Braunkohledorf Lützerath deeskalieren. Einen Besuch des Weilers am Rande des Tagebaus im Rheinischen Revier, um mit den dort lebenden Menschen zu sprechen, plane sie aktuell aber nicht, sagte Neubaur am Montagabend vor Journalisten.
Lützerath in der Nähe von Erkelenz soll zur Kohlegewinnung abgebaggert werden. In den Häusern, deren einstige Bewohner weggezogen sind, leben Aktivisten, die um den Ort kämpfen wollen. Voraussichtlich im Januar soll das Dorf nach Angaben des Innenministeriums geräumt werden. Am Montag hatte sich die Polizei ein Bild von der Lage in Lützerath gemacht.
«Das wird eine herausfordernde Zeit werden», sagte Neubaur, die als frühere Grünen-Landesvorsitzende noch selbst nach Lützerath gefahren war. «Das wird eine Zeit werden, in der ich mein Möglichstes dazu beitragen werde zu deeskalieren, wo immer es möglich ist.» Als Grünen-Chefin sei sie zwar in Lützerath gewesen. Aber seit dem Gerichtsurteil vom März, wonach der Tagebaubetreiber RWE Power die Fläche am Tagebau Garzweiler abbaggern darf, habe sie sich als Parteichefin und Spitzenkandidatin «sehr bewusst» dafür entschieden, nicht mehr nach Lützerath zu fahren. «Weil die rechtliche Lage eindeutig ist», so Neubaur.
«Ich bin immer dialogbereit, ich höre mir die Kritik an», betonte die Grünen-Ministerin. «Ich versuche zu erklären, wie es zu der Entscheidung kam.» Zugleich rief sie die Aktivisten in Lützerath auf, auf einer sachlichen Ebene Argumente auszutauschen. Für diejenigen, die Lützerath als Symbol sähen, sei es aber sehr schwierig, rational zu diskutieren. Sie treffe regelmäßig bei Veranstaltungen auf Menschen, die dort wohnen und diskutiere «mit hoher Wertschätzung und Respekt gegenüber der anderen Meinung» mit ihnen.
Neubaur, Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und RWE hatten Anfang Oktober einen um acht Jahre auf 2030 vorgezogenen Kohleausstieg im Rheinischen Revier vereinbart. Zu der Vereinbarung gehört allerdings auch, dass zwei Kraftwerksblöcke, die eigentlich schon zum Jahresende abgeschaltet werden sollten, wegen der Energiepreiskrise mindestens bis Ende März 2024 in Betrieb bleiben. Zudem soll Lützerath abgerissen werden, um dort Kohle zu fördern. Auch der Bundestag hatte das Ausstiegsgesetz gebilligt.
«Das bedeutet einen schmerzlichen Teil in dieser Vereinbarung, nämlich dass Lützerath nicht erhalten werden kann», räumte Neubaur nun ein. Den noch hohen Braunkohle-Bedarf habe man aber «nicht aus dem Gefühl abgeleitet», sondern er sei in Studien berechnet worden. Außerdem habe man erreicht, dass Menschen in fünf weiteren Dörfern und auf einigen Höfen, die nach ursprünglicher Planung auch dem Tagebau weichen sollten, nun die Gewissheit hätten, dass sie bleiben könnten und nicht umgesiedelt würden. Mit RWE sei zudem ein Vorkaufsrecht für die Menschen vereinbart worden, die ihre einstigen Grundstücke vielleicht zurückkaufen wollen.