Christian Meyer
Christian Meyer (Bündnis 90/Die Grünen), Energieminister von Niedersachsen.

Kommunen sollen Platz für Windenergie schaffen

Um beim Ausbau der Windenergie schneller zu werden, nimmt Niedersachsen die Kommunen künftig stärker in die Pflicht. Wie Energieminister Christian Meyer am Montag ankündigte, sollen verbindliche Flächenziele für die Landkreise und kreisfreien Städte dafür sorgen, dass deutlich mehr Anlagen gebaut werden. «Ein Windrad pro Tag wäre das Ziel», sagte der Grünen-Politiker. Man müsse «mehr Platz für Windräder schaffen», da sonst die Klimaschutzziele verfehlt werden.

Mit Hilfe von Wissenschaftlern wurde nun errechnet, welche Flächen die Kommunen theoretisch für die Windkraft nutzen könnten - und wie viel sie bis 2026 tatsächlich dafür ausweisen müssen. Besonders viele Windräder könnten demnach bald im Landkreis Rotenburg entstehen, wo 4,89 Prozent der Fläche genutzt werden sollen. Ähnliches gilt für die Landkreise Uelzen (4,79 Prozent), Lüneburg (4,72 Prozent) und Emsland (3,7 Prozent). In den Städten Osnabrück (0,01 Prozent) und Göttingen (0,32 Prozent), aber etwa auch im Landkreis Wilhelmshaven (0,12 Prozent) sieht das Land dagegen geringere Potenziale.

Eine Reihe von Ausschlussfaktoren wie Wohngebiete, Verkehr, Infrastruktur, Naturschutz, Militär und Wasser wurden bei der Ermittlung der Prozentwerte berücksichtigt. Bei den Flächen, die genutzt werden könnten, handelt es sich somit überwiegend um Acker- und Grünland. «Der ländliche Raum hier im Norden wird zum Energieerzeuger Nummer eins», sagte Meyer.

Genaue Vorgaben, wo die Windräder hinsollen, macht das Land aber nicht - das müssen die Regionalplaner selbst entscheiden. Bevor die Flächenvorgaben gesetzlich festgeschrieben werden, gibt es auch noch eine Abstimmung mit den Kommunen. Klar ist für Rot-Grün aber: Am Ende müssen landesweit 2,2 Prozent der Fläche zusammenkommen. Und sollte eine Kommune seine Vorgabe bis 2026 nicht erfüllen, könnte das Land die Nutzung als Windenergiefläche auch anweisen.

Damit es so weit gar nicht erst kommt, soll es Anreize für den Ausbau geben: Die Kommunen sollen vom Ausbau profitieren. Das sei entweder in Form einer finanziellen Beteiligung pro Kilowattstunde möglich oder auch mit Anteilen für Bürgerenergiegesellschaften, sagte Meyer.

Bisher sind dem Energieminister zufolge in Niedersachsen rund 6250 Anlagen am Netz - damit ist das Land bundesweit Spitzenreiter. Allerdings wollen SPD und Grüne die installierte Leistung bis 2035 von etwa 12 auf 30 Gigawatt anheben. Dafür seien etwa 10 000 bis 11 000 Windräder erforderlich, sagte Meyer. Rechnerisch bedeutet das zwölf Jahre lang rund eine neue Windkraftanlage pro Tag.

Im Jahr 2022 war Niedersachsen davon noch ein gutes Stück entfernt. So wurden vorläufigen Daten der Fachagentur Windenergie an Land zufolge landesweit 98 Windkraftanlagen neu errichtet. Unter Berücksichtigung von 31 Anlagen, die in dem Jahr wegfielen, lag der Nettozubau der Leistung bei 422 Megawatt. Rot-Grün peilt dagegen einen Zubau von 1,5 Gigawatt pro Jahr an - also gut drei Mal so viel.

Die Ausweisung von 2,2 Prozent der Landesfläche für die Windkraft bis 2026 haben SPD und Grüne in ihrem Koalitionsvertrag festgehalten. «Das ist machbar», betonte Meyer. «Die Rückmeldungen vieler Kommunen machen mich zuversichtlich, dass wir 2026 schon 2,5 Prozent oder sogar mehr Windvorranggebiete erreichen können.» Bisher liegt der Wert laut Ministerium erst bei 1,1 Prozent.

Der Landesverband Erneuerbare Energien (LEE) begrüßte, dass das Land den Landkreisen nun «Orientierungswerte» biete, die diese auf Plausibilität prüfen könnten. Aber: «Um den Industriestandort Niedersachsen voranzubringen, wird es unerlässlich sein, dass einige Landkreise über die berechneten Flächenziele hinausgehen», sagte die LEE-Vorsitzende Bärbel Heidebroek.

Der Niedersächsische Städte- und Gemeindebund sieht in den geplanten Vorgaben dagegen «eine große Herausforderung», wie Präsident Marco Trips sagte. Er forderte unter anderem, dass die Beteiligung der Kommunen an der Wertschöpfung verpflichtend sein müsse. Der Niedersächsische Landkreistag schlug die Schaffung eines krisenstabsähnlichen Kompetenzzentrums Windenergie beim Land vor, von dem die Kommunen schnell und verbindlich Auskuft erhalten könnten.

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