Immer mehr Kohlezüge für Wiederbetrieb von Kraftwerken
Große Kohletransporte über die Schiene für den Wiederbetrieb von zwei Kohlekraftwerken im Saarland nehmen Fahrt auf. Rund 30 Kohlezüge seien in den vergangenen Wochen bereits angekommen, sagte DB-Cargo-Chefin Sigrid Nikutta am Mittwoch in Neunkirchen-Wellesweiler. Knapp 3000 Tonnen Kohle wurden dort aus einem Zug aus entladen und über eine Förderbandanlage ins nahe Steinkohlekraftwerk Bexbach transportiert. «Wir gehen davon aus, dass wir für beide Standorte bis zu 25 Züge pro Woche haben werden.»
Der Essener Stromerzeuger Steag wird das Kraftwerk Bexbach an diesem Freitag aus der Netzreserve zurück an den Markt bringen. Das Kraftwerk Weiher in der Saar-Gemeinde Quierschied soll am 31. Oktober folgen. Mit dem verstärkten Einsatz von Kohlekraftwerken soll angesichts ausbleibender russischer Lieferungen Gas gespart werden. Bundesweit sind bereits zwei Kraftwerke aus der Reserve ans Netz gegangen.
«Wir fahren so gut, so schnell und so viel wie möglich», sagte Nikutta. Für die Transporte würden die vom Bund geschaffenen «Prioritätskorridore» genutzt, die diesen Güterzügen Vorrang im Schienennetz geben. «Bisher läuft das sehr gut.» Derzeit würden mehr als 1000 Kohlewaggons modernisiert - inklusive Nachrüstung mit Flüsterbremsen.
Bei Volllast-Betrieb brauchen die beiden Saar-Kraftwerke laut Steag jeweils 6000 Tonnen Kohle am Tag. Rechnerisch könnten sie bis zu vier Millionen Haushalte mit Strom versorgen. Zudem bleiben das Kraftwerk in Völklingen-Fenne und in Bergkamen (Nordrhein-Westfalen) weiter am Netz, die ursprünglich Ende Oktober stillgelegt werden sollten. Steag bezieht seine Kohle aus den USA, aus Kolumbien und aus Südafrika. Von den Überseehäfen Rotterdam und Amsterdam wird sie mit Güterzügen an die Standorte gebracht.
Die Kohletransporte machten sich im Gesamtnetz bisher kaum bemerkbar, teilte der Verband Die Güterbahnen, ein Netzwerk europäischer Eisenbahnen, mit. «In der ganzen vergangenen Woche gab es 50 bevorrechtigte Züge. Das ist nicht viel bei täglich 5000 Güterzügen», teilte Geschäftsführer Peter Westenberger mit. Das größte Problem sei und bleibe «der unplanmäßige Betrieb» auf dem DB-Netz.
Die Güterbahnen-Unternehmen schätzten, dass wegen Baustellen, unbesetzter Stellwerke oder gestörter Signale für alle Verkehre 20 bis 30 Prozent mehr Ressourcen wie Loks, Personal und Wagen benötigt würden. «Die Vorrangverordnung des Bundes ist somit keine Hilfe und birgt höchstens das Potenzial, noch mehr Chaos zu stiften», sagte Westenberger.