Hermann will bei Wasserstoff mehr Tempo
Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) macht Druck bei der Entwicklung sogenannter synthetischer Kraftstoffe. «Jetzt gilt es, dass Deutschland und die EU die nötigen internationalen Energiepartnerschaften mit wind- und sonnenreichen Ländern eingehen und diese beim Aufbau der nötigen Infrastruktur unterstützt werden», schrieb Hermann in einem Gastbeitrag für die «Badischen Neuesten Nachrichten» und das «Badische Tagblatt» (Samstag). «Die EU muss den rechtlichen Rahmen schaffen, um den Markt für Wasserstoff und strombasierte Kraftstoffe anzukurbeln.»
Der Markt für Wasserstoff und seine Folgeprodukte stecke derzeit noch in den Kinderschuhen. «Bis synthetische Kraftstoffe in industriellen Mengen hergestellt werden können, braucht es noch fünf bis zehn Jahre», machte Hermann deutlich. Bis dahin seien Investitionen im dreistelligen Milliardenbereich notwendig. «In der Übergangszeit wird es deshalb um Beimischungen zu fossilen Treibstoffen gehen.»
Die USA böten mit einem Milliarden-Dollar-Programm im Kampf gegen die Inflation beste Bedingungen zum Aufbau einer klimafreundlichen Wasserstoff- und reFuels-Wirtschaft. «Wenn die EU nicht schnell klare und einfache Regeln für Investitionen setzt, zieht das internationale Investitionskapital an Europa vorbei», so Hermann. Anlagenbauern und Zulieferern aus Baden-Württemberg ginge so eine echte Chance verloren. Als reFuels werden Kraftstoffe bezeichnet, die auf der Grundlage von erneuerbaren Energien hergestellt werden.
In einem Brief an Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) wirbt Hermann eindringlich um Unterstützung für synthetische Kraftstoffe, wie die «Stuttgarter Nachrichten» (Montag) schreiben. Es gehe darum, den regulatorischen Rahmen für die Herstellung klimaneutraler Kraftstoffe «dringend und zeitnah» zu setzen. Hermann schlägt demnach unter anderem eine steuerliche Förderung vor.
CDU und Grüne seien sich jetzt bei dem Thema einig und marschierten in die gleiche Richtung, verkündete der wirtschaftspolitische Sprecher der CDU-Landtagsfraktion, Winfried Mack, am Sonntag. Das sei gut für den Klimaschutz. «Jetzt kommt es darauf an, gemeinsam die Widerstände und ideologischen Vorbehalte in der Bundesregierung und teilweise auch in Brüssel gegen einen konsequenten Ausbau bei Wasserstoff und synthetischen Kraftstoffen zu überwinden.»
Wenn das nicht gelingt, rückten die Klimaschutzziele von Paris in weite Ferne und die Wirtschaft verliere im Vergleich zu den USA an Wettbewerbsfähigkeit, betonte Mack. Insbesondere müsse Baden-Württemberg schnell und umfassend an internationale Wasserstoff-Pipelines angeschlossen werden, forderte Mack.
FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke begrüßte Hermanns Initiative. Dies müsse aber auch für den Pkw-Bereich gelten, sagte er: «Ohne synthetische Kraftstoffe im Pkw-Bereich kein Klimaschutz!»
Der Minister warnte in seinem Gastbeitrag für die beiden Zeitungen zugleich, synthetische Kraftstoffe seien kein Allheilmittel. «Sie dürfen nicht dazu verführen, alles beim Alten zu lassen und den Klimaschutz im Verkehr auf die lange Bank zu schieben.» Im Vergleich zu 2019 müsse das Land bis zum Jahr 2030 rund 13 Millionen Tonnen CO2 alleine im Verkehrssektor einsparen. «Das entspricht mehr als den fünffachen Emissionen, die die Stadt Karlsruhe im Jahr 2017 ausgestoßen hat», machte Hermann mit einem Vergleich deutlich.