Handgemenge zwischen Aktivisten und Polizei vor Lützerath
Vor der demnächst geplanten Räumung des Dorfes Lützerath im Rheinischen Braunkohlerevier ist es am Montag zu kleineren Rangeleien zwischen Polizisten und Klimaaktivisten gekommen. Die Aktivisten warfen Böller, Flaschen und Steine, und es gab Handgemenge, berichteten dpa-Reporter vor Ort. Ein Polizeisprecher sagte, es werde wegen der Böller- und Steinwürfe ein Strafverfahren wegen Landfriedensbruchs eingeleitet.
Zuvor hatten sich Aktivisten auf der Zufahrtsstraße nach Lützerath hinter einer brennenden Barrikade positioniert. Diese Barrikade wurde am Nachmittag von der Polizei weggeräumt, ebenso wie ein Überbau über der Zufahrtsstraße. Mehrere Aktivisten, die sich darauf aufgehalten hätten, seien von Höhenrettern heruntergeholt worden, sagte der Polizeisprecher. «Das ist nicht der Beginn der Räumung», betonte er. Vielmehr würden vorbereitende Arbeiten für die geplante Räumung Mitte des Monats ausgeführt. Die Zufahrtsstraßen müssten frei bleiben.
Lützerath in der Nähe von Erkelenz im Kreis Heinsberg soll zur Kohlegewinnung abgebaggert werden. In den Häusern leben allerdings Aktivisten, die um den Ort kämpfen wollen. «Die Kohle unter Lützerath muss im Boden bleiben», sagte Antje Bussberg von der Initiative «Alle Dörfer Bleiben» am Montag. «Jeder Mensch, der sich einen Nachmittag lang ernsthaft mit den Ursachen der Erderhitzung beschäftigt, weiß: Jede weitere Tonne Kohle, die verbrannt wird, gefährdet unser Überleben auf diesem Planeten. Darum werden wir die Abbaggerung Lützeraths nicht tatenlos mit ansehen.»
Dagegen teilte der Energiekonzern RWE mit: «Die Inanspruchnahme der ehemaligen Siedlung in diesem Winter ist notwendig, um inmitten der Energiekrise eine sichere Versorgung der Kraftwerke zu gewährleisten.» Die Rechtmäßigkeit sei durch die Gerichte abschließend bestätigt. «Alle ursprünglichen Bewohner von Lützerath haben den Ort verlassen», so RWE.
Der für die Räumung zuständige Aachener Polizeipräsident Dirk Weinspach wandte sich am Montag in einem Brief direkt an die Aktivisten. «Ich wünschte, die Räumung von Lützerath hätte sich vermeiden lassen. Aber sie ist - nach allem was ich weiß - leider unvermeidlich», schrieb er. Auch er teile die Sorge vor einer weiteren Erderwärmung und vor den Folgen, wenn es nicht gelinge, das völkerrechtlich vereinbarte 1,5-Grad-Ziel einzuhalten.
Ob die Kohle unter Lützerath abgebaut werde, entscheide aber nicht die Polizei. «Die Umsetzung dieser fachlich und rechtsstaatlich zustande gekommenen Entscheidung zu verweigern, würde demokratische, rechtsstaatliche Grundregeln in Frage stellen und willkürlichen, sachfremden Entscheidungen Tür und Tor öffnen», so Weinspach.
Die Polizei setze auf Deeskalation und Transparenz. «Wir werden Zwangsmittel nur einsetzen, wenn es im Sinne eines verhältnismäßigen und konsequenten Einschreitens oder zur Verfolgung von Straftaten nicht anders möglich ist», sicherte Weinspach zu. «Ich appelliere, den Protest gegen eine Räumung nicht mit der Begehung von Straftaten zu verbinden.»