Jens Kerstan
Jens Kerstan (Bündnis 90/Die Grünen), Umweltsenator.

Hamburg könnte LNG-Terminal bekommen: Öl-Rückkehr erlaubt

Angesichts andauernder Sorgen um eine sichere Energieversorgung bekommt Hamburg möglicherweise doch eine Plattform zur Anlandung von verflüssigtem Erdgas (LNG). Er habe mit Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck die Finanzierung geklärt, sagte Hamburgs Umwelt- und Energiesenator Jens Kerstan (beide Grüne) am Freitag. Die Plattform solle vorübergehend für ein Jahr im Hafen bei Moorburg stationiert werden. Zuvor müssten allerdings die Sicherheitsprüfungen abgeschlossen werden. Die Einrichtung werde nicht vor August nächsten Jahres in Betrieb gehen. Hamburg war bereits vor Monaten als möglicher Standort eines LNG-Terminals im Gespräch gewesen. Erst Anfang Oktober hatte die Umweltbehörde das Aus für die Pläne bekannt gegeben.

Die Versorgungslage sei derzeit weiterhin angespannt, sagte Kerstan. Er rechne im Moment nicht damit, dass es zu einem Versorgungsproblem komme. Eine Gasmangellage sei möglich, aber unwahrscheinlich. Der Senator fügte hinzu: «Wenn sich die Situation verschlechtern sollte, kann man im Moment nichts ausschließen.» Kerstan äußerte sich nach einem Gespräch des Senats mit rund 30 Vertretern von Verbänden und Vereinen über die Energiekrise.

Dabei sei deutlich geworden, dass es gerade für große Verbraucher eine besondere Härte geben könnte, sagte Hamburgs Finanzsenator Andreas Dressel (SPD). Wenn ihnen der Vertrag gekündigt werde, fielen sie nicht in die Grundversorgung zurück. Um dieses Problem wolle sich der Senat kümmern.

Kerstan kündigte an, seine Behörde werde Unternehmen bei einer Umstellung von Gas auf Öl unterstützen. «Wir haben die Situation, dass die Unternehmen durch die hohen Preise die Produktion zum Teil stark einschränken und sie jetzt auf andere Brennstoffe ausweichen sollen, der sogenannte Fuel-Switch», erklärte der Energiesenator. Hamburg habe beschlossen, dass Verstöße gegen geltendes Umweltrecht ein halbes Jahr lang geduldet werden, damit die Betriebe gut durch den Winter kommen. Dieser Beschluss erlaube den Umstieg vom Erdgas zurück auf Öl, Propangas oder andere Brennstoffe. Seine Behörde werde das Personal um 16 Stellen aufstocken, um die Anträge zu bearbeiten.

Der Präsident der Unternehmensverbände in Hamburg und Schleswig-Holstein, Philipp Murmann, wies darauf hin, dass die Bezugsgrößen beim Gaspreisdeckel für 80 Prozent des Verbrauchs unklar seien. Die Werte aus dem vergangenen Jahr könnten wegen des Corona-Lockdowns untypisch sein. Auch die Kalkulation der verbleibenden 20 Prozent könne Unternehmen in Bedrängnis bringen. Betroffen seien Bäckereien, Gastronomiebetriebe, Ernährungsindustrie sowie die Chemie- und Stahlbranche. Es gebe die Sorge, dass internationale Unternehmen ihre Standorte in Hamburg schließen könnten.

Die Gesprächsrunde fand bereits zum zweiten Mal statt, nach einem ähnlichen Treffen Anfang Oktober. «Seit dem ersten Gespräch ist zu viel Zeit verloren gegangen. Bei den Handwerksbetrieben, die sich zum Teil bereits in Existenznot befinden, ist bisher nicht ein einziger Euro angekommen», sagte der Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer, Henning Albers. Bund und Länder verbrächten wertvolle Zeit damit, sich gegenseitig den Schwarzen Peter zuzuspielen, wer wann was zahle.

Zurück

{file::popup_2024-02_KC_geschlossen.html5}