Gericht bestätigt Rosneft-Treuhandverwaltung
Klarheit für die wichtige PCK-Raffinierie im brandenburgischen Schwedt: Der Bund behält vorerst die Kontrolle über die Anlage und kann sich um eine sichere Ölzufuhr kümmern. Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig wies am Dienstag eine Klage des russischen Ölkonzerns Rosneft gegen die Treuhandverwaltung seiner beiden deutschen Tochterfirmen ab, den Mehrheitseignern bei PCK. Unmittelbar darauf kündigte das Bundeswirtschaftsministerium eine Verlängerung der Treuhandlösung um sechs Monate an.
Der Bund hatte mit dieser rechtlichen Konstruktion im September die Kontrolle über Rosneft Deutschland und RN Refining & Marketing übernommen und damit auch über PCK. Laut Bundesverwaltungsgericht war das rechtens. Das Gericht begründete seine Entscheidung im Kern damit, dass im September 2022 eine konkrete Gefahr bestanden habe, dass die Rosneft-Unternehmen ihren Beitrag zur Energiesicherheit nicht weiter leisten könnten.
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) begrüßte das Urteil. «Das ist eine gute Nachricht für die Versorgungssicherheit und die Zukunft der PCK Schwedt», teilte Habeck mit. «Die Versorgungssicherheit ist oberste Priorität und daher handlungsleitend. Sie sicherzustellen war und ist Zweck der Treuhandverwaltung.»
Ohne das Urteil und ohne eine Verlängerung wäre die Treuhandverwaltung an diesem Mittwoch ausgelaufen. Dann hätte die russische Konzernmutter den Einfluss auf PCK und den deutschen Energiemarkt zurückbekommen. Die Rosneft-Töchter halten auch Anteile an zwei weiteren Raffinerien.
Die Klage
Das staatlich beherrschte russische Unternehmen Rosneft hielt die Treuhandverwaltung über seine deutschen Töchter für rechtswidrig. Der Bund betrat mit der Anordnung der Treuhandverwaltung juristisches Neuland. Im September 2022 übernahm die Bundesnetzagentur das Ruder. Sie berief eine neue Geschäftsführung. Rosneft ist rechtlich weiter Eigentümer der deutschen Töchter, kann aber nicht mehr mitbestimmen. Sollten die Töchter Gewinn machen, bleibt dieser als Rücklage bei ihnen in Deutschland. Der Bund verdient nicht mit, Russland aber auch nicht.
Die Hintergründe
Im Zuge von EU-Sanktionen wegen des russischen Angriffs auf die Ukraine sagte Deutschland zu, ab 2023 auf russisches Rohöl zu verzichten. Genau das importierten und verarbeiteten aber die Rosneft-Töchter. Nach Angaben des Bundeswirtschaftsministeriums hielten sie über Beteiligungen an drei Raffinerien zwölf Prozent der Kapazität zur Erdölverarbeitung in Deutschland.
Zentral war die Mehrheitsbeteiligung von 54 Prozent an der PCK-Raffinerie, die Nordostdeutschland unter anderem mit Benzin und Diesel versorgt und auch den Hauptstadtflughafen BER beliefert. Sie hing am russischen Rohöl aus der Druschba-Leitung. Rosneft hatte nach Worten von Wirtschaftsminister Habeck kein Interesse, das zu stoppen. Rosneft-Vertreter widersprachen im Verfahren in Leipzig: Man habe durchaus nach Alternativen gesucht. Das Bundesverwaltungsgericht ging allerdings davon aus, dass der Rosneft-Konzern an der Ertüchtigung einer Pipeline von Rostock nach Schwedt nicht interessiert war. Über diese sollte Öl aus anderen Quellen fließen.
Die Begründung der Treuhandlösung
Der Bund sah eine Gefahr für die Versorgungssicherheit in Folge des russischen Angriffs auf die Ukraine und griff auf Grundlage des 2022 geänderten Energiesicherungsgesetzes ein. Rosneft Deutschland habe Probleme mit Banken und Versicherern gehabt, die sich abgewandt hätten. Zudem habe Moskau nach Wegen gesucht, Kapital aus den deutschen Firmen abzuziehen. Die Rosneft-Vertreter bestritten aber im Verfahren, dass die deutschen Gesellschaften unüberwindbare Schwierigkeiten gehabt hätten.
Im Falle PCK kam laut Ministerium hinzu: Um die Raffinerie ohne russisches Öl wirtschaftlich weiter zu betreiben, brauche sie Lieferungen von Tankeröl über den Hafen Danzig. Dies sei nach polnischen Angaben erst denkbar gewesen, wenn russische Gesellschafter nicht mehr beteiligt seien. Tatsächlich kam eine Abmachung mit Polen über Lieferungen via Danzig erst nach Beginn der Treuhandverwaltung zustande. Trotz der neuen Lieferwege war die Auslastung der Raffinerie zu Jahresbeginn bei nur etwa 60 Prozent.
Die Entscheidung des Gerichts
Das Bundesverwaltungsgericht hatte vier Tage ausführlich über die Klage verhandelt und dabei intensiv Zeugen zur Lage bei den Rosneft-Töchtern im Sommer 2022 befragt. Im Ergebnis sei der Senat zur Auffassung gelangt, dass damals eine konkrete Gefahr bestand, dass die Firmen ihre Aufgaben in der Energieversorgung nicht mehr erfüllen könnten. «Es drohte eine Einschränkung der Versorgungssicherheit», sagte die Vorsitzende Richterin Ulla Held-Daab.
Die Kläger hatten unter anderem moniert, dass die Treuhand-Anordnung ohne vorherige Anhörung erfolgt war. Das Bundesgericht entschied jedoch, es sei «Gefahr im Verzug» gewesen. Es habe mindestens Hinweise auf einen drohenden Kapitalabzug aus den deutschen Firmen gegeben. Die Rosneft-Töchter hätten ihre Probleme mit Banken und Versicherungen nicht im Griff gehabt. «Wenn die PCK-Raffinerie ausfällt, dann bricht der Grundversorger weg», sagte Richterin Held-Daab.
Die Reaktionen
Brandenburgs Landesregierung und die regionale Wirtschaft reagierten erleichtert auf das Urteil, richteten aber auch Appelle an den Bund. «Wichtig ist nun ein weiterhin tragfähiges Konstrukt, das den Energiemarkt in Deutschland stabil hält», erklärte Brandenburgs Wirtschaftsminister Jörg Steinbach (SPD). «Die Verbraucher zählen auf eine verlässliche und bezahlbare Energieversorgung.» Auch der ostdeutsche CDU-Bundestagsabgeordnete Sepp Müller sieht den Bund in der Pflicht. Die Linke forderte den Bund auf, die Rosneft-Anteile am PCK zu verstaatlichen.