René Domke
René Domke, Fraktionschef der FDP im Landtag von Mecklenburg-Vorpommern.

FDP: Schwesig muss Verantwortung übernehmen

Die Verbrennung von Steuerakten der umstrittenen Klimastiftung MV durch eine Beamtin des Finanzamts Ribnitz-Damgarten setzt die Regierung von Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) unter starken Druck. Die Grünen im Landtag forderten am Donnerstag bereits personelle Konsequenzen, sollten Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD), Finanzminister Heiko Geue (SPD) und Justizministerin Jacqueline Bernhardt (Linke) keine plausiblen Antworten auf Fragen rund um die Vorgänge im vergangenen Jahr geben. Der FDP-Fraktionsvorsitzende René Domke forderte Schwesig auf, die Verantwortung zu übernehmen.

Die Finanzbeamtin hat laut Staatsanwaltschaft Steuerakten der umstrittenen Klimastiftung MV in einer «Kurzschlussreaktion» verbrannt. Ein Sprecher der Justizbehörde in Stralsund, die in dem Fall ermittelt hat, sprach am Donnerstag von Druck bei der Suche nach den Steuerpapieren der Klimastiftung im Finanzamt Ribnitz-Damgarten. Als die zuständige Beamtin die Papiere schließlich bei sich entdeckte und realisierte, dass sie sich schon länger bei ihr zur Bearbeitung befanden, habe sie diese verbrannt. Schließlich habe sich die Frau ihrem Vorgesetzten gegenüber offenbart, der am 3. Mai 2022 Anzeige erstattet habe. Öffentlich bekannt wurde der Fall jetzt durch einen Bericht des Magazins «Cicero».

In der politischen Öffentlichkeit wurde monatelang gerätselt, wo die Steuerakten abgeblieben sein könnten. Was die Grünen besonders erbost: Das Finanzministerium ließ nach Worten des Grünen-Fraktionsvorsitzenden Harald Terpe den Finanzausschuss Mitte Mai wissen, dass keine Informationen über verloren gegangene oder verschwundene Steuerunterlagen vorlägen. Im Oktober habe die Landesregierung Auskünfte zum Verbleib der Akten unter Hinweis auf das Steuergeheimnis verweigert. «Ministerpräsidentin Manuela Schwesig muss nun umgehend erklären, inwieweit sie persönlich über die Vorgänge informiert war», verlangte Terpe.

Die Klimastiftung MV - ersonnen zur Umgehung angedrohter US-Sanktionen beim Bau der Ostsee-Erdgasleitung Nord Stream 2 - lastet wie ein Steinblock auf Schwesigs Regierung. Die Stiftung steht in der Kritik, da sie den Fertigbau der Gaspipeline unterstützt hat.

Das Magazin «Cicero» schreibt, es habe wahrscheinlich politischen Druck auf die Finanzbehörde gegeben. Dem widersprachen Schwesig und ihr Finanzminister Heiko Geue (SPD) am Donnerstag vehement. «Es hat keine politische Einflussnahme auf die Bearbeiter im Finanzamt gegeben», erklärte Geue. Auch Schwesig wies dies zurück. Geue zufolge gab es jedoch «im Rahmen der Fachaufsicht» Abstimmungen zur Klärung von Rechtsfragen zur Besteuerung der Stiftung Klima und Umweltschutz MV. «Hier hat sich das Finanzamt mit der zuständigen Steuerabteilung im Finanzministerium abgestimmt.»

Es ging in dem Fall um Schenkungssteuern auf 20 Millionen Euro Kapital von Nord Stream 2 für die Stiftung. Die Unterlagen wurden nachgefordert und schließlich ein Bescheid über 9,8 Millionen Euro Schenkungssteuer erlassen. Dagegen ist die Klimastiftung im Herbst 2022 vor das Finanzgericht Greifswald gezogen. Das Verfahren läuft noch.

Laut Staatsanwaltschaft wurde die Steuerprüfung durch die Vernichtung der Originalunterlagen letztlich nicht beeinträchtigt. Das Verfahren gegen die Finanzbeamtin sei am 20. September 2022 gegen Zahlung einer Geldauflage eingestellt worden.

Die Opposition im Schweriner Landtag bezweifelt die Beteuerungen von Geue und Schwesig, es habe keinen politischen Druck gegeben. «Wäre es wirklich so, wie Herr Geue behauptet, dann hätte die Mitarbeiterin nicht voller Panik die Unterlagen verbrannt, statt ihren Fehler einfach einzuräumen», erklärte der Vorsitzende der CDU-Landtagsfraktion, Franz-Robert Liskow. «Ich kann mir die Tat der Beamtin nur so erklären, dass der Druck, den das Finanzministerium auf das Finanzamt ausgeübt hat, gewaltig gewesen sein muss.» Liskow kündigte Sondersitzungen des Rechts- und des Finanzausschusses zu dem Vorgang an. Auch Vertreter von FDP, AfD und Grünen kritisierten die Landesregierung scharf.

Den Stralsunder Ermittlern zufolge hat sich der Fall so abgespielt: Die Stiftung hatte drei Schenkungssteuererklärungen beim Finanzamt Rostock eingereicht, das aber nicht zuständig war. Deshalb seien die Papiere an das zuständige Finanzamt Ribnitz-Damgarten weitergeleitet worden. Dann fand man die Unterlagen nicht mehr. Als sie im Finanzamt gesucht wurden, habe die beschuldigte Beamtin zunächst nicht realisiert, dass sich die Dokumente bei ihr befanden. Sie sei dann in Panik geraten, weil die Originalunterlagen bei ihr eine Weile unbearbeitet gelegen hätten, und auch wegen des Drucks, welcher durch die Suchaktion entstanden sei.

Geue erklärte am Donnerstag, die interne Revision des Finanzministeriums habe die organisatorischen Abläufe untersucht und für eine Präzisierung der Verfahrensabläufe für die Finanzämter gesorgt. «Wir haben eine ordentliche und gut funktionierende Steuerverwaltung», betonte er. «Hier handelt es sich um einen Einzelfall.»

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