Protest gegen Erdgasförderung vor Borkum
Umweltschützer und Insulaner demonstrieren am Weststrand mit Bannern und Plakaten.

Aus für Gasförderung vor Gericht? Umwelthilfe sieht Chancen

Umweltschützer und Insulaner wollen die umstrittene Erdgasförderung in der Nordsee vor der Insel Borkum vor Gericht stoppen, sollte diese von den niedersächsischen Behörden genehmigt werden. Eine Klage hätte aus Sicht der Deutschen Umwelthilfe (DUH) wahrscheinlich Erfolg. «Ich sehe da sehr gute Chancen», sagte der DUH-Bundesgeschäftsführer Sascha Müller-Kraenner bei einem Protest am Freitag auf der Nordseeinsel.

Mehrere Dutzend Umweltschützer aus Deutschland und den Niederlanden sowie Borkumer Insulaner forderten am Weststrand mit Bannern und Plakaten einen Stopp des Vorhabens. Neben der Umwelthilfe und dem Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) beteiligten sich auch die Bürgerinitiative Saubere Luft für Ostfriesland und Umweltschutzverbände aus den Niederlanden an der Aktion. Zeitgleich sollte es auch einen Protest am Strand der niederländischen Nachbarinsel Schiermonnikoog geben.

Ihre Kritik richtet sich gegen die Erdgasförderung, die ein Konsortium um das niederländische Unternehmen One-Dyas von Ende 2024 an aus einem Feld vor den Inseln Schiermonnikoog (Niederlande) und Borkum plant. Dazu soll eine Förderplattform auf niederländischem Hoheitsgebiet rund 23 Kilometer nordwestlich der Insel Borkum errichtet werden. Gefördert werden soll sowohl in niederländischen als auch in deutschen Hoheitsgebieten, nahe dem niedersächsischen Nationalpark Wattenmeer. Während die Bohrungen auf niederländischer Seite bereits genehmigt wurden, läuft bei den deutschen Behörden noch ein Planfeststellungsverfahren.

Gegen die Genehmigung auf niederländischer Seite hat ein Bündnis um die Umwelthilfe und der Insel Borkum bereits Klage eingereicht. Eine mögliche Klage gegen eine Genehmigung auch auf deutscher Seite hätte aus Sicht der Umwelthilfe wahrscheinlich Erfolg. «Ich glaube nach der Klimaschutzentscheidung des Bundesverfassungsgerichtes von vor zwei Jahren haben wir auch eine andere Rechtslage», sagte Müller-Kraenner. «Klimaschutz wird höher gewichtet und wir hoffen schon, dass dieses Argument zieht.»

Umweltschützer und Insulaner befürchten durch die Erdgasförderung Umweltschäden für das angrenzende Unesco-Weltnaturerbe Wattenmeer und benachbarte Inseln. «Hier auf der Insel leben wir von und mit der Natur, wir sind Bestandteil des Weltnaturerbes Wattenmeer», sagte Borkums Bürgermeister Jürgen Akkermann (parteilos). «Alle Angriffe auf deren Unversehrtheit werden gravierende Folgen für die Bewohnerinnen und Bewohner haben.»

Die Insulaner sorgt unter anderem der Eintrag von Schadstoffen und Chemikalien durch die Erdgasförderung ins Meer und in die Luft. «Das liegt alles in der Hauptwindrichtung zu unseren Inseln. Das ist eine kurzfristige und ganz reale Bedrohung», sagte Akkermann. Zudem sehen die Insulaner eine Gefahr für Erdbeben und Bodenabsenkungen infolge der Bohrungen. Akkermann appellierte an die niedersächsische Landesregierung, die Zustimmung zu dem Projekt noch einmal zu überdenken. «Wir gehen stark davon aus, dass das ein Türöffner-Projekt ist und dann reden wir nicht von einer Plattform, sondern von mehreren», sagte der Bürgermeister.

Niedersachsens ehemalige rot-schwarze Landesregierung hatte unter dem Eindruck der Energiekrise durch den Ukraine-Krieg im Sommer einen ursprünglichen Beschluss gegen die Erdgasförderung vor Borkum rückgängig gemacht. Im Koalitionsvertrag der neuen rot-grünen Landesregierung steht nun, dass im Planfeststellungsverfahren für die Förderung vor Borkum der «Schutz von Umwelt, Natur, dem Wattenmeer und der Insel» von zentraler Bedeutung sein werde.

DUH-Bundesgeschäftsführer Müller-Kraenner kritisierte, dass die erwartete Fördermenge von bis zu 13 Milliarden Kubikmetern Erdgas nur einen Bruchteil des deutschen Gasbedarfs abdecke. «Das ist ein so kleiner Betrag, bei so hohem Schaden, dass das überhaupt nicht nachvollziehbar ist.» Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) sieht wie die übrigen Verbände auch Klimaziele in Gefahr. Die Genehmigung der Förderung sei bis 2042 beantragt, sagte die BUND-Landesvorsitzende Susanne Gerstner. Das stehe im Widerspruch zum Ziel der rot-grünen Landesregierung, in Niedersachsen bis 2040 Klimaneutralität zu erreichen. «Wir werden dadurch eine Energiewende nicht beschleunigen, sondern bremsen oder verhindern.»

Gerstner forderte die Landesregierung und das für das Planfeststellungsverfahren zuständige Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG) auf, das Vorhaben «strikt abzulehnen». Ein Sprecher des LBEG sagte, noch laufe das Planfeststellungsverfahren. Als nächstes solle es einen Erörterungstermin mit One-Dyas, den Umweltschutzverbänden und den Trägern öffentlicher Belange geben. Ein Datum steht noch aus. Auf niederländischer Seite gehen derweil laut Umwelthilfe die Vorarbeiten für die Bohrungen voran. Ab April soll demnach eine Erkundungsplattform in der Nordsee aufgebaut werden.

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